B-Vitamine – Energie, Nerven, Psyche

Vitamin B ist die vereinfachte Bezeichnung einer Gruppe acht wasserlöslicher Stoffe. Sie umfasst die Vitamine Thiamin, Riboflavin, Niacin, Pantothensäure, Pyridoxin, Biotin, Folsäure und Cobalamin. Zusammen ergeben sie den Vitamin-B-Komplex. Die Nummerierung Vitamin B1 bis B12 ist nicht durchgehend, da einige vermeintlichen B-Vitamine im Laufe der Zeit aus der Liste entfernt wurden. Hinzu kommt, dass es sich bei den meisten Vitaminen wiederum um Stoffgruppen mit gleicher Wirkung handelt, was das Ganze – Nomen est omen – relativ komplex macht.

B-Vitamine sind wichtige Regulatoren im Kohlenhydrat-, Fett- und Eiweißstoffwechsel und somit essentiell für die körpereigene Energiegewinnung. Sie tragen zu normalen Funktionen des Nervensystems, der Psyche sowie des Immunsystems bei, verringern Müdigkeit und Ermüdung. Einige B-Vitamine sorgen für einen normalen Homocystein-Stoffwechsel, sind wichtig für die Blutbildung oder die Zellteilung.

Die Folsäure hat eine besondere Bedeutung für Schwangere. Die Versorgung in der Bevölkerung mit diesem essentiellen Stoff ist unzufriedenstellend. Vitamin B12, das fast ausschließlich in tierischen Lebensmitteln vorkommt, bedarf vor allem der Aufmerksamkeit vegan lebender Menschen. Im folgenden Artikel erfahren Sie, wie komplex die Gruppe der B-Vitamine tatsächlich ist.

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Vitamin B1 – Thiamin

Vitamin B1, Thiamin oder Aneurin, wurde als erstes Vitamin vor etwas mehr als 100 Jahren entdeckt. Es war das "Heilmittel" für eine bis dahin gefürchtete Krankheit, die letztlich auf einen Vitamin B1-Mangel zurückzuführen, und verstärkt in Asien mit der Einführung der europäischen Reisschälmaschinen aufgetreten war. Thiamin ist wichtig für den Energiestoffwechsel, denn als Coenzym ist es bei der Energiegewinnung aus Kohlenhydraten beteiligt. Vitamin B1 ist außerdem für eine normale Funktion des Nervensystems, der Psyche und des Herz-Kreislauf-Systems von Bedeutung. Der Tagesbedarf für einen durchschnittlichen Erwachsenen liegt bei 1,1 mg.

Vitamin B1 reagiert empfindlich auf Hitze. Da es – wie alle B-Vitamine – wasserlöslich ist, geht beim Kochen zudem ein Teil ins Kochwasser über. Bei der Herstellung von weißem Mehl und Reis geht durch die Entfernung des Keims praktisch der gesamte Thiamingehalt verloren. Der Körper benötigt jedoch Vitamin B1, um die Kohlenhydrate aus dem Getreide in Energie umzuwandeln.

Die besten Quellen für Thiamin sind Bierhefe, Weizenkeime und Bienenpollen. Auch Vollkorngetreide, Sonnenblumenkerne, Hülsenfrüchte und Macadamianüsse liefern reichlich Vitamin B1. Nach 14 Tagen ohne Thiaminzufuhr ist die Hälfte der Reserven im Körper aufgebraucht, wobei ein echter Mangel bei uns eher selten ist. Dieser spielt in erster Linie bei chronischem Alkoholmissbrauch eine Rolle.

Vitamin B2 – Riboflavin

Riboflavin ist als Bestandteil von Coenzymen an zahlreichen Stoffwechselprozessen wie der Eiweiß- und Fettverwertung beteiligt. Da B2 eine wichtige Rolle in der Entwicklung spielt, wird es auch Wachstumsvitamin genannt. In der Lebensmittelindustrie wird Riboflavin auch als Farbstoff eingesetzt. Der Tagesbedarf beträgt 1,4 mg.

Vitamin B2 trägt zu einer normalen Funktion des Nervensystems bei. Es ist wichtig für die Erhaltung von Haut, Sehkraft, Schleimhäuten und roten Blutkörperchen. Riboflavin trägt dazu bei, die Zellen vor oxidativem Stress zu schützen, es verringert Müdigkeit und Ermüdung.

Vitamin B2 ist nur schwach wasserlöslich und wird beim Kochen nicht zerstört. Dafür ist es sehr empfindlich gegenüber Licht. Gute B2-Quellen sind Hefe, Weizenkeime, Leber, Käse, Fisch und Eier.

Weizen

Vitamin B3 – Niacin

Niacin ist ein Sammelbegriff für Nicotinsäure und Nicotinsäureamid. Die Bezeichnung "Vitamin B3" gilt mittlerweile als veraltet. Niacin kann vom menschlichen Körper selbst gebildet werden, weshalb die Klassifizierung als Vitamin nur bedingt zutrifft. Eiweißhaltige Lebensmittel liefern die essentielle Aminosäure Tryptophan, die in der Leber zu Niacin umgewandelt wird. Aus 60 mg Tryptophan kann 1 mg Niacin synthetisiert werden, wobei dieser Stoffwechselweg nur wenig zur Niacinversorgung beiträgt. Der Tagesbedarf für Vitamin B3 liegt bei 16 mg.

Nicotinsäure ist Bestandteil vieler Coenzyme und am Kohlenhydrat-, Fett-, Eiweiß- sowie Energiestoffwechsel beteiligt. Es ist wichtig für die Regeneration von Haut, Nerven und DNA. Niacin verringert Müdigkeit bzw. Ermüdung und trägt zur normalen psychischen Funktion bei.

Niacin reagiert nicht so empfindlich auf Hitze, Licht und Sauerstoff wie andere B-Vitamine. Fleisch, Fisch, Milch und Eier liefern Vitamin B3. Vollkornprodukte, Kaffee, Cashewkerne, Weizenkeime, getrocknete Aprikosen und Datteln sind ebenfalls Niacinquellen.

Vitamin B5 – Pantothensäure

Der Name Pantothensäure leitet sich vom griechischen "pantos" (= überall) ab und bedeutet, dass es zumindest spurenweise in allen Lebensmitteln vorkommt. Vitamin B5 ist als Bestandteil von Coenzym A am Stoffwechsel von Kohlenhydraten, Fett, Cholesterin bzw. Steroidhormonen, Vitamin D und Neurotransmittern beteiligt.

Vitamin B5 wird für den Energiestoffwechsel benötigt und trägt zu einer normalen geistigen Leistung bei. Es kommt zwar in allen Lebensmitteln vor, besonders häufig allerdings in Vollkornprodukten, Hülsenfrüchten, Eiern, Nüssen und Pilzen.

Der Tagesbedarf von Pantothensäure wird auf 6 mg geschätzt. Laut Österreichischem Ernährungsbericht 2017 liegt die mittlere Zufuhr deutlich darunter. Allerdings dürften klinische Mangelerscheinungen beim Menschen normalerweise nicht auftreten4.

Vitamin B6 – Pyridoxin

Unter dem Begriff Vitamin B6 werden mehrere chemische Verbindungen vereint: Pyridoxin, Pyridoxal, Pyridoxamin und deren Derivate. Sie haben im Körper alle dieselbe biologische Aktivität. Vitamin B6 ist für viele enzymatische Prozesse von Bedeutung, vor allem im Eiweiß- und Homocystein-Stoffwechsel. Es ist wichtig für die Bildung der roten Blutkörperchen, gewährleistet eine normale Funktion des Nerven- und Immunsystems sowie der Psyche und verringert Müdigkeit bzw. Ermüdung.

Der Tagesbedarf an Vitamin B6 beträgt bei gesunden Erwachsenen 1,4 -1,6 mg. Schwangere und Stillende Frauen haben einen leicht erhöhten Bedarf. Vitamin B6 kommt in den meisten Lebensmitteln vor. Besonders gute Quellen sind Lachs, Huhn, Weizenkeime, Walnüsse, Avocados, Vollkornprodukte und Bananen.

Vitamin B6 ist wärme- und lichtempfindlich. Beim Kochen gehen große Mengen verloren. Untersuchungen haben gezeigt, dass der Vitamin B6-Gehalt in Milch, das in klaren Glasflaschen gelagert wird, durch Sonneneinstrahlung bereits nach Stunden um 50 % reduziert ist. Zu beachten gilt, dass die Bioverfügbarkeit aus tierischen Quellen besser ist als aus pflanzlichen. Dafür ist pflanzliches B6 (Pyridoxin) hitzestabiler als tierisches (Pyridoxal, Pyridoxamin).

Walnüsse

Vitamin B7 – Biotin

Biotin wird auch als Vitamin B7 oder Vitamin H bezeichnet, in Frankreich - zur endgültigen Verwirrung - als Vitamin B8. Es ist wichtig für den Stoffwechsel der Makronährstoffe Eiweiß, Kohlenhydrate und Fett. Bekannt ist es vor allem als Vitamin für "Haut, Haare, Nägel" und trägt tatsächlich maßgeblich zur Erhaltung dieser Körpergewebe bei. Auch Nervensystem und Psyche sind von einer ausreichenden Biotin-Versorgung abhängig. Der Tagesbedarf beträgt 40 - 50 µg.

Vitamin B7 ist recht beständig gegenüber Sauerstoff und Hitze. In Lebensmitteln ist es meist an Eiweiß gebunden. Die besten Biotinquellen sind Pilze, Hefe, Sojabohnen, Leber, Haferflocken und gekochte Eier. Der vermehrte Verzehr roher Eier kann hingegen zu einem Biotin-Mangel führen, da diese einen Proteinkomplex enthalten, der das Vitamin bindet. Eine Überdosierung von Biotin ist übrigens nicht bekannt.

Vitamin B9 – Folsäure (Folat)

Der Name Folsäure, auch Vitamin B9 oder Vitamin M genannt, leitet sich vom lateinischen Wort "folium" ab, was so viel wie "Blatt" bedeutet und auf das Folsäure-Vorkommen in grünen Pflanzenblättern zurückzuführen ist. Während mit Folsäure die synthetisch hergestellte Form des Vitamins gemeint ist, bezeichnet "Folat" einen Überbegriff für verschiedene Verbindungen, die B9-Vitaminwirkung zeigen und in Lebensmitteln vorkommen.

Folat ist wichtig für die Blutbildung, die Zellteilung und den Aminosäurestoffwechsel. Zusammen mit B2, B6 und B12 ist die Folsäure am Homocystein-Abbau beteiligt und gewährleistet eine normale Funktion von Psyche und Immunsystem. Folat trägt zum Wachstum des mütterlichen Gewebes während der Schwangerschaft bei, weshalb bereits bei Schwangerschaftswunsch empfohlen wird, ein Folsäurepräparat einzunehmen, um eine normale Entwicklung des Fötus sicherzustellen. Die empfohlene Zufuhr für Erwachsene pro Tag liegt nach den D-A-CH-Referenzwerten bei 300 µg Folat, Schwangere benötigen 550 µg und Stillende Mütter 450 µg.

Folsäure ist empfindlich gegenüber Licht, Hitze, Sauerstoff und Wasser. Lagerung und Kochen von Lebensmitteln verringert den Folatgehalt enorm. Sogar ein Sonnenbad kann den Folsäurespiegel im Körper reduzieren, vor allem bei Menschen mit heller Haut. Die besten Folatquellen sind Weizenkeime, Hefen, Chlorella Algen, grüne Blattgemüse, Vollkornprodukte, Sojabohnen, Kichererbsen, Kräuter, Mangos, Nüsse sowie tierische Produkte, besonders Leber.

Laut Österreichischem Ernährungsbericht 2017 liegt die mittlere Zufuhr an Folat "bei beiden Geschlechtern und allen Altersgruppen unter der empfohlenen Zufuhr von 300 μg pro Tag." "Ein Mangel an Folsäure beeinträchtigt die DNA-Replikation und Zellteilung", heißt es dort weiter4. Die Anreicherung von Lebensmitteln mit Folsäure, etwa Mehl, wird in Fachkreisen diskutiert, eine gesetzliche Grundlage dafür wurde aber bislang nicht geschaffen.

Schwangerschaft

Vitamin B12 – Cobalamin

Vitamin B12 ist wieder ein Sammelbegriff für verschiedene Verbindungen mit gleicher biologischer Wirkung. Sie bestehen alle aus einem Ringsystem mit einem Kobalt-Atom in der Mitte, daher auch der Name Cobalamin. Die biologisch aktive Form heißt Methylcobalamin.

Eine wesentliche Funktion von Vitamin B12 ist die Verstoffwechslung der Folsäure, weshalb es eine zentrale Rolle bei der Blutbildung spielt und zu einem normalen Homocystein-Stoffwechsel beiträgt. Es ist wichtig für die Zellteilung und die Funktion des Nervensystems. Auch der Abbau von Fettsäuren ist auf Cobalamin angewiesen. Es hat eine Bedeutung für die Psyche, das Immunsystem, verringert Müdigkeit und Ermüdung. Der Tagesbedarf beträgt je nach Quelle 2,5 - 4,0 µg. Schwangere und Stillende haben einen erhöhten Bedarf.

Vitamin B12 wird von Mikroorganismen im Verdauungstrakt von Tieren produziert. Es ist relativ stabil und wird beim Kochen kaum zerstört. Die besten Quellen für Cobalamin sind Leber sowie Fleisch, Fisch, Eier und Milchprodukte. Pflanzen enthalten kaum Vitamin B12. Nur Algen und bakteriell vergorene Lebensmittel wie Sauerkraut liefern B12 in Form von Cyanocobalamin. Jedoch ist die Bioverfügbarkeit aus pflanzlichen Quellen bis heute nicht endgültig geklärt.

Vitamin B12 wird in der Leber gespeichert. Ein Mangel tritt erst nach Jahren der Unterversorgung in Erscheinung. Für die Verwertung von B12 ist der sogenannte, körpereigene "Intrinsic Faktor" nötig, der unter anderem bei älteren Personen reduziert sein kann. Menschen, die sich vegan ernähren, wird eine Supplementierung von Vitamin B12 in Form von Nahrungsergänzungsmitteln empfohlen, um einer Blutarmut vorzubeugen.

Literatur:

  1. Gröber, U | Mikronährstoffe | Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart | 3. Auflage 2011
  2. Elmadfa, I | Ernährung des Menschen | Verlag Eugen Ulmer Stuttgart | 5. Auflage 2015
  3. Heseker, H | Die Nährwerttabelle | Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. | 4. Auflage 2016/17
  4. Universität Wien, Department für Ernährungswissenschaften | Österreichischer Ernährungsbericht 2017 | Online-Abruf September 2022
  5. EU-Verordnung 432/2012 | HVCO | eur-lex.europa.eu | Online-Abruf September 2022
  6. EU-Verordnung 1169/2011 | LMIV | eur-lex.europa.eu | Online-Abruf September 2022
  7. DGE | Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr | FAQ | Online-Abruf September 2022
  8. Öffentliches Gesundheitsportal Österreichs | Vitamin B1 | Vitamin B2 | Niacin | Pantothensäure | Vitamin B6 | Biotin | Folsäure | Vitamin B12 | Online-Abruf September 2022
  9. Wikipedia | Vitamin B | Thiamin | Riboflavin | Nicotinsäure | Pantothensäure | Vitamin B6 | BiotinAvidin | Folsäure | Cobalamine | Online-Abruf September 2022
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