Vitamin D – das Sonnenhormon

Die Bekanntheit von Vitamin D hat in den letzten Jahren enorm zugenommen. Früher dachte man, der Wirkungsbereich des Vitalstoffs sei mehr oder weniger auf den Knochenstoffwechsel beschränkt. Mittlerweile ist klar, dass viele Körperfunktionen auf eine angemessene Versorgung mit dem "Sonnenhormon" angewiesen sind. Der Körper kann bei ausreichender Sonneneinstrahlung Vitamin D zwar in der Haut selbst bilden, in den Wintermonaten versiegt diese Quelle aber naturgemäß. Was ist dran am aktuellen Hype? Ist es sinnvoll das Hormon als Ergänzungsmittel einzunehmen? Lesen Sie die Antworten im folgenden Artikel.

Die beste Vitamin D-Quelle ist ein Sonnenbad

Die beste Vitamin D-Quelle ist ein Sonnenbad

Ein Vitamin, das eigentlich ein Hormon ist

Vitamin D (Calciferol) ist ein fettlösliches Vitamin, das im Körper vielfältige und entscheidende Aufgaben übernimmt. Als Vitamin ist es per Definition ein essenzieller Nährstoff, müsste also über die Nahrung zugeführt werden. Das ist aber nicht ganz korrekt, denn unter optimalen Bedingungen kann der Körper den Vitalstoff ausreichend selbst herstellen, und zwar in der Haut mit Hilfe der UV-B-Strahlung des Sonnenlichts. Genau genommen müsste man ohnehin von einem Hormon, bzw. einer Hormongruppe sprechen. Das eigentliche "Vitamin" wird nämlich aus Cholesterin in mehreren Schritten im Körper gebildet.

Den Ursprung dieser Fehleinstufung findet man in der Entdeckung des "Vitamins", die als Erforschung der Rachitis begann, einer Knochenstoffwechselerkrankung bei Kleinkindern.1 Um dem entgegenzuwirken erhalten Babys seit jeher Vitamin D-Tropfen. Dass die meisten Menschen im Erwachsenenalter damit aufhören, Vitamin D zu supplementieren, ist womöglich Schuld an vielen Folgeerscheinungen.

Der physiologisch wichtigste Vertreter der Hormongruppe ist das Vitamin D3 oder Cholecalciferol. Ergocalciferol ist ebenfalls eine Form des Hormons und wird Vitamin D2 genannt. Es kommt in Pflanzen als Provitamin Ergosterol vor und ist wahrscheinlich etwas weniger wirksam. Wie Vitamin D3 wird es im Körper in das aktive Hormon Calcitriol umgewandelt.1,2 Klingt kompliziert – ist es auch.

Vitamin D wird meist in Internationalen Einheiten (= I.E. oder IE) angegeben. Dabei entspricht 1 µg Vitamin D = 40 IE. Der Einfachheit halber wird im gesamten Text die Einheit IE verwendet.

Vitamin D: Knochen, Immunsystem, Calciumaufnahme

Von Kritikern werden Vitamine gern als Placebo abgetan. Wie wichtig Vitamin D jedoch für ein reibungsloses Funktionieren des menschlichen Körpers ist, zeigt die sogenannte Health-Claims-Verordnung3. In diesem offiziellen Verzeichnis werden die wissenschaftlich gesicherten Wirkungen von Nährstoffen wie Vitamin D aufgeführt.

Calciferol trägt zur Erhaltung der Knochen, Zähne und einer normalen Muskelfunktion bei. Es sorgt für ein reibungsloses Funktionieren des Immunsystems und gewährleistet die optimale Aufnahme sowie Verwertung von Calcium und Phosphor im Körper. Dadurch wird ein normaler Calciumspiegel im Blut sichergestellt. Nicht zuletzt spielt Vitamin D eine wichtige Rolle bei der Zellteilung.3

Am besten erforscht ist freilich die Tatsache, dass Vitamin D benötigt wird um Calcium in die Knochen einzubauen (Mineralisation). Dies ist vor allem für Säuglinge, Kinder und ältere Menschen von Bedeutung. Ein Vitamin D-Mangel kann bei Kindern zu Rachitis (gestörte Knochenmineralisation) und bei Erwachsenen zu Osteomalazie (Knochenerweichung) führen. Mögliche weitere gesundheitliche Folgen einer Unterversorgung mit Vitamin D sind Gegenstand wissenschaftlicher Forschung.2 Der sogenannte Vitamin D-Rezeptor, durch dessen Aktivierung zahlreiche Prozesse in Gang gesetzt werden, ist in fast jeder Körperzelle zu finden. Daher nimmt man heute an, dass eine ausreichende Versorgung mit dem Vitalstoff für den gesamten Organismus wichtig ist.

Die Wintersonne liefert wenig Vitamin D

Die Wintersonne liefert in unseren Breiten wenig Vitamin D

Wie kann man den Vitamin D-Bedarf decken?

Calciferol nimmt unter den essentiellen Stoffen eine Sonderstellung ein, da es sowohl über die Ernährung zugeführt als auch vom Menschen selbst durch UV-B-Lichtexposition (Sonnenbestrahlung) gebildet wird.2 Der Tagesbedarf an Vitamin D beträgt laut Lebensmittelinformationsverordnung 200 IE.4 Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) schreibt: "Die Zufuhr über die Ernährung mit den üblichen Lebensmitteln reicht nicht aus, um den Schätzwert für eine angemessene Zufuhr bei fehlender endogener Synthese (Anm.: Bildung im Körper) zu erreichen, der die gewünschte Versorgung [...] in Höhe von mindestens 50 nmol/l sicherstellt. Die Differenz muss über die endogene Synthese und/oder über die Einnahme eines Vitamin D-Präparats gedeckt werden."5 Ähnlich lautet es im Österreichischen Ernährungsbericht 20176. Die Schätzwerte für eine angemessene Vitamin D-Zufuhr bei fehlender körpereigener Produktion betragen laut DGE 400 IE für Säuglinge und 800 IE für Kinder und Erwachsene.5

Häufig sind Menschen in unseren Breiten mit Vitamin D unterversorgt. Der Hauptgrund ist in der Regel ein Mangel an UV-B-Strahlung. Ein kurzes Sonnenbad zur Mittagszeit zwischen Mai und September ohne Sonnenschutz entspricht etwa 10.000 IE. Es sollte aber keinesfalls zu einer Rötung der Haut kommen. Bei längeren Aufenthalten in der Sonne wird das Vitamin übrigens im Körper wieder abgebaut, weshalb eine Überdosierung auf diesem Weg unmöglich ist. Sonnencremes mit einem Schutzfaktor größer 8 verringern die Produktion von Vitamin D um mehr als 97 Prozent. Melanin (Hautpigment) reduziert ebenfalls die Produktion von D3, weshalb dunkelhäutige Menschen länger in der Sonne verweilen müssen, um die gleiche Menge Vitamin D herzustellen, wie helle Hauttypen.7

Sonnencremes mit einem Schutzfaktor größer 8 verringern die Produktion von Vitamin D um mehr als 97 Prozent.

Den Rest des Jahres ist die UV-B-Strahlung der Sonne aufgrund des Einfallswinkels bei uns zu schwach um ausreichend Vitamin D über die Haut zu produzieren. Nördlich des 51. Breitengrads (Leipzig) kann zeitweise selbst mittags kein Vitamin D3 in der Haut gebildet werden.1,2 Daher empfehle ich Ihnen im Winter und an Tagen, an denen man sich weniger als 30 Minuten im Freien aufhält, die Einnahme von Vitamin D in Form von Nahrungsergänzungsmitteln.

Der Nuklearmediziner Prof. Dr. Jörg Spitz, wenn man so will der "Vitamin D-Papst", hat mir in einem persönlichen Gespräch im Rahmen eines Vortrags empfohlen, im Winter 2.000 IE Vitamin D3 zu supplementieren und im Sommer 1.000 Einheiten. Als "Sonnenanbeter" nehme ich in der warmen Jahreszeit zwar kein Präparat ein, im Winter jedoch halte ich mich an diese Empfehlung. Außerdem meinte Spitz, dass es sinnvoller wäre, den Vitalstoff regelmäßig in kleinen Dosen (z.B. 1.000 IE) einzunehmen, als große Mengen auf einmal.8 Die Dosis von 2000 IE ist gleichzeitig die als sicher geltende Obergrenze bei lebenslanger Einnahme für gesunde Erwachsene. Da fettlösliche Vitamine auch überdosiert werden können, sollten höhere Supplementierungen ärztlich überwacht und der Status regelmäßig kontrolliert werden.9

Welche Lebensmittel liefern Vitamin D?

Die westliche Ernährung (Mischkost) deckt nur 5 bis 20 % des Vitamin D-Bedarfs. Es kommt vor allem in Fettfischen vor.2 Die besten Quellen sind Lebertran (durchschnittlich 1.280 IE / 100 g), Lachs (624 IE), Sardine (440 IE) und Thunfisch (236 IE).8 Auch Eier (52 IE), Milch und Käse (z.B. Emmentaler 20 IE) enthalten etwas Vitamin D. All diese Produkte liefern zwar einerseits Vitalstoffe sind aber gleichzeitig kritisch zu betrachten (Überfischung, Schwermetallbelastung, Laktoseintoleranz,...).

Unter den pflanzlichen Lebensmitteln sind Avocados (137 IE) sowie Pilze zu nennen, vor allem Champignons und Shiitake. Hier lässt sich der Gehalt durch UV-B-Bestrahlung (z.B. Sonnentrocknung) um ein Vielfaches erhöhen.2,8 Die Gehalte schwanken in der Literatur aber zu stark um an dieser Stelle seriöse Angaben zu machen. Pflanzen enthalten D2, das im Körper in D3 umgewandelt wird.

Avocado mit Lachs

Avocados und Lachs sind gute Vitamin D-Lieferanten

Vitamin D-Versorgung in der Bevölkerung

Laut Nationaler Verzehrstudie (Deutschland) erreichen 82 % der Männer und 91 % der Frauen nicht die empfohlene Vitamin D-Zufuhr.7 Im Österreichischen Ernährungsbericht 2012 heißt es: "Als besonders kritisch ist die Aufnahme an Vitamin D einzustufen." Die Werte sind bei den Erwachsenen ähnlich wie in Deutschland. Bei den Senioren liegen sogar 95 % der Männer und 97 % der Frauen unter den Empfehlungen. "Der Status an Vitamin D [...] ist bei 62 % der Mädchen und 56 % der Buben erniedrigt" liest man weiter.10

"In mehreren Studien konnte nachgewiesen werden, dass der Vitamin D-Spiegel in großen Teilen der Bevölkerung unter dem empfohlenen Wert von mindestens 30 ng/ml liegt und mit höherem Alter weiter absinkt" schreibt das Gesundheitsamt in Bremen. Besonders schlecht sei die Vitamin D-Versorgung bei älteren Menschen, insbesondere Frauen. Das hat unterschiedliche Gründe, wie weniger Aufenthalte im Freien und ein geringerer Verzehr Vitamin D-haltiger Lebensmittel aber auch biologische Ursachen: Mit zunehmendem Alter nimmt die Fähigkeit der Haut ab, Vitamin D zu bilden und es kommt zu einem eingeschränkten Umbau in die aktive Form (Calcitriol). So synthetisieren ältere Personen etwa 4 mal weniger endogenes Vitamin D.7

Im Alter von 70 Jahren hat sich die Kapazität der Haut zur Vitamin D-Synthese um etwa 75 Prozent reduziert.7

Vitamin D-Statusbestimmung

Vor allem für ältere Menschen ist es ratsam, regelmäßig beim Arzt den Vitamin D-Status bestimmen zu lassen. Das ist nicht teuer. Bei einem Bluttest wird in der Regel der Wert für 25-Hydroxy-Vitamin D (zirkulierende Speicherform) im Serum bestimmt. Dieser Wert kann in Nanogramm pro Milliliter (ng/ml), Mikrogramm pro Liter (µg/l) oder Nanomol pro Liter (nmol/l) angegeben werden. Unterschiedlich ist auch die Bewertung der Ergebnisse und die Fachwelt ist sich uneins darüber, wo der Grenzwert für einen Mangel liegt. Man kann aber davon ausgehen, dass Werte von > 50 nmol/l bzw. > 20 µg/l (oder ng/ml) als ausreichend zu beurteilen sind.1,7

Die Fähigkeit zur Vitamin D-Produktion in der Haut nimmt im Alter stark ab.

Die Fähigkeit zur Vitamin D-Produktion in der Haut nimmt im Alter stark ab.

Fazit Vitamin D - darauf sollte man achten

  • Über die Ernährung lässt sich der Vitamin D-Bedarf praktisch nicht decken.
  • Der Körper kann unter optimalen Bedingungen ausreichend Vitamin D über die Haut selbst bilden.
  • Ein kurzes Sonnenbad im Sommer ohne Sonnenschutz deckt den Bedarf (Hautrötung vermeiden!).
  • Im Winter ist die Sonne bei uns zu schwach um ausreichend Vitamin D zu produzieren.
  • Daher ist es sinnvoll in der kalten Jahreszeit Vitamin D3 als Nahrungsergänzung einzunehmen (bei wenig Sonnenexposition auch im Sommer).
  • Als Richtwert für eine empfehlenswerte Vitamin D3-Dosierung gelten täglich 400 - 1.000 IE für Kinder, 1.000 - 2.000 IE für Erwachsene und 2.000 IE für Senioren.9
  • Man sollte seinen Vitamin D-Status regelmäßig beim Arzt kontrollieren lassen, vor allem Risikogruppen (ältere Menschen) und bei Einnahmen über 2.000 IE/Tag.9

Literatur:

  1. Heininger, H | Vitamin D Mangel - Auswirkungen auf die Gesundheit von Senioren in Österreich | Juli 2016
  2. Wikipedia | Vitamin D | Internationale Einheit | Ergocalciferol | Calcitriol | Rachitis | Melanin | Online-Abruf März 2019
  3. EU-Verordnung 432/2012 (Health-Claims-Verordnung) | eur-lex.europa.eu | Online-Abruf März 2019
  4. EU-Verordnung 1169/2011 (Lebensmittelinformationsverdordnung) | eur-lex.europa.eu | Online-Abruf März 2019
  5. DGE | Vitamin D-Bedarf | Online-Abruf März 2019
  6. Österr. Sozialministerium | Österreichischer Ernährungsbericht 2017 | Online-Abruf März 2019
  7. Gesundheitsamt Bremen | www.gesundheitsamt.bremen.de | Online-Abruf März 2019
  8. Spitz, J | Ohne Sonne kein Leben | Institut für medizinische Information und Prävention | 2012
  9. Gröber, U | Mikronährstoffe | Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart | 3. Auflage 2011
  10. Österr. Sozialministerium | Österreichischer Ernährungsbericht 2012 | Online-Abruf März 2019
(, zuletzt aktualisiert: )

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