Olivenöl – Daten und Fakten
Olivenöl wird aus dem Fruchtfleisch und den Kernen von reifen oder unreifen Oliven gewonnen. Der immergrüne Olivenbaum Olea europaea, auch bekannt als Ölbaum, gedeiht vorwiegend im Mittelmeerraum und ähnlichen Klimazonen weltweit. Sein Öl ist nicht nur ein zentraler Bestandteil der mediterranen Ernährung, die für ihre gesundheitlichen Vorzüge bekannt ist, sondern auch ein bedeutendes kulturelles Erbe. Daher ist es wichtig, mehr über dieses Produkt zu erfahren, insbesondere darüber, wie man seine Qualität erkennen kann.
1. Olivenöl – weltweite Produktionsmengen
Die globale Olivenölproduktion beträgt derzeit (Ernte 2020/21) etwa 3 Millionen Tonnen. Dabei ist Spanien mit einer Jahresmenge von 1,4 Millionen Tonnen mit Abstand das wichtigste Herstellerland. Etwa die Hälfte des gesamten flüssigen Goldes stammt von der iberischen Halbinsel (Spanien und Portugal). Griechenland, Italien und die Türkei produzieren zusammen etwa eine Dreiviertelmillion Tonnen. Dahinter folgen Marokko, Syrien, Tunesien und Portugal. Diese Top 8 Nationen decken zusammen beinahe 90 % des Weltmarktes ab. Weitere Olivenölproduzenten sind Algerien, Ägypten, Argentinien, Libanon, Jordanien, Australien, Chile, Libyen, USA, Palästina, Albanien, Israel, Iran, China, Frankreich, Zypern, Kroatien und Slowenien.
Nachgerechnet – Wieviel ist das?
3 Millionen Tonnen Olivenöl sind etwa 3,3 Milliarden Liter. Das klingt nach einer großen Menge. Tatsächlich entspricht das aber weniger als einem halben Liter für jeden Erdenbewohner pro Jahr. Am Gesamtfettverbrauch spielt Olivenöl also nur eine untergeordnete Rolle.2. Produktionsmengen von Pflanzenölen im Vergleich
Olivenöl belegt Platz 8 unter den weltweit meistproduzierten Pflanzenölen. Es macht in dieser Gruppe nur etwa 1,6 % der Gesamtmenge aus. Das umstrittene Palmöl liegt mit über 75 Millionen Tonnen Jahresproduktionsmenge auf Platz 1 und hat dem vormals führenden Sojaöl vor einigen Jahren den Rang abgelaufen. Die Palmölproduktion hat sich seit dem Jahr 2001 (damals 25,6 Millionen Tonnen) bereits verdreifacht!
An dritter Stelle liegt bereits Rapsöl, gefolgt von Sonnenblumenöl. Von Rapsöl, das auch als "Olivenöl des Nordens" gilt, wird etwa die achtfache Menge von Olivenöl hergestellt. Es findet allerdings hauptsächlich Anwendung als Biokraftstoff. Vor dem Olivenöl liegen im Ranking noch Palmkern-, Erdnuss- und Baumwollsaatöl.
3. Wie viel Olivenöl konsumieren wir?
Jeder Bürger Spaniens verbraucht pro Jahr etwa 12,5 Liter Olivenöl (Stand 2020/2021). Damit sind die Iberer führend was den Pro-Kopf-Verbrauch des flüssigen Goldes angeht. Sie haben den langjährigen Spitzenreiter Griechenland abgelöst, das nun mit 11,3 Litern auf Platz 2 rangiert, gefolgt von Italien mit 7,7 Litern.
Im Jahr 2004 sah das noch ganz anders aus: Griechenland, damals mit ca. 28 Litern allein auf weiter Flur, gefolgt von Italien mit rund 15 und Spanien mit 14 Litern pro Nase. Die mediterrane Diät scheint sich also zu verändern und Olivenöl – ihr integraler Bestandteil – verliert offenbar an Bedeutung.
Auch in Syrien, Portugal und Marokko wird viel mit Olivenöl gekocht. In Österreich und Deutschland verbraucht der Durchschnittsbürger seit Jahren konstant etwa einen Liter Olivenöl pro Saison. Hier herrscht also Nachholbedarf! In der Schweiz sind es immerhin 2,3 Liter.
4. Die 8 Güteklassen von Olivenöl
Die Europäische Union schreibt per Verordnung vor, in welche Qualitätskategorien Olivenöl einzustufen ist. Es gibt insgesamt 8 Kategorien, von denen die ersten drei die sogenannten "nativen Olivenöle" beschreiben.
4.1.1. Natives Olivenöl extra
Muss direkt aus Oliven und ausschließlich mit mechanischen Verfahren ohne Wärmeeinwirkung gewonnenwerden. Der Gehalt an Freien Fettsäuren (siehe 5.2. Freie Fettsäuren) muss kleiner gleich 0,8 % betragen. Peroxidzahl ≤ 20 meq O2/kg (siehe 5.3. Peroxidzahl). Das Öl darf keine sensorischen Fehler (siehe 8.2./8.3. Negative Attribute) aufweisen und ist für den Verzehr geeignet. Höchste Qualitätsklasse! Alternative Begriffe: Extra Virgin (englisch), Vierge Extra (französisch), Extra Vergine (italienisch), Virgen Extra (spanisch), Extra Virgem (portugiesisch).
4.1.2. Natives Olivenöl
Herstellung wie bei nativem Olivenöl extra. Der Säuregrad darf ≤ 2 % betragen und leichte sensorische Fehler sind erlaubt, Peroxidzahl ≤ 20 meq O2/kg. Ebenfalls für den Verzehr geeignet.
4.1.3. Lampantöl
Native Olivenöle mit einem Säuregehalt über 2 % und deutlichen sensorischen Fehlern dürfen nicht an Verbraucher abgegeben und müssen raffiniert werden.
4.1.4. Raffiniertes Olivenöl
Aus nativem Olivenöl durch Raffinieren (Entfernen unerwünschter Fettbegleitstoffe durch Entschleimen, Bleichen, Desodorieren, etc.) gewonnenes Öl mit einem Gehalt an freien Fettsäuren von maximal 0,3 %. Geschmack- und geruchlos. Darf nicht an Konsumenten abgegeben, sondern muss zu „Olivenöl“ (Kategorie 5) verarbeitet werden.
4.1.5. Olivenöl
"Olivenöl" ist ein Verschnitt von raffiniertem Olivenöl (Kategorie 4) mit nativen Olivenölen (Kat. 1 + 2). Freie Fettsäuren höchstens 1 %. Das Mischverhältnis ist beliebig, muss nicht deklariert werden und kann 1 - 99 % betragen!
4.1.6. Rohes Oliventresteröl
Als Trester werden Rückstände wie Kerne, Schalen und Fruchtfleischreste bezeichnet, die nach der Pressung bzw. Extraktion übrig bleiben. Daraus wird mit Hilfe von Lösungsmitteln (Hexan) das restliche Öl extrahiert. Dieses Öl ist zum Verzehr nicht geeignet, darf nicht an Konsumenten abgegeben werden und muss zu „Raffiniertem Oliventresteröl“ (Kat. 7) verarbeitet werden.
4.1.7. Raffiniertes Oliventresteröl
Rohes Oliventresteröl wird raffiniert. Säuregehalt maximal 0,3 %. Nicht zum Verzehr geeignet.
4.1.8. Oliventresteröl
Raffiniertes Oliventresteröl (Kat. 7), das mit nativem Öl (Kat. 1 + 2) verschnitten wird.Säuregehalt ≤ 1 % und laut Gesetz zum Verzehr geeignet. Die Zugabe von nativem Olivenöl ist nicht vorgegeben und kann von 1 bis 99 % ausmachen.
4.2. Olivenöl – Verkauf im Einzelhandel
Vier Produkte aus den 8 Kategorien dürfen im Handel verkauft werden:
- Natives Olivenöl extra
- Natives Olivenöl
- Olivenöl - bestehend aus raffinierten Olivenölen und nativen Olivenölen
- Oliventresteröl
5. Begriffe, die auf Olivenölflaschen zu finden sind
5.1. Kaltgepresst
Angaben auf Etiketten von Olivenölflaschen wie "kaltgepresst", "kalt extrahiert" oder "aus erster Kaltpressung" sind nur dann erlaubt, wenn die Temperatur bei der Herstellung des Olivenöls maximal 27 °C betragen hat.
5.2. Freie Fettsäuren, Säurewert
Der Gehalt an sogenannten "freien Fettsäuren" ist der erste und wichtigste labortechnisch bestimmbare Faktor, der etwas über die Qualität von Olivenölen aussagt. Jene, die aus gesunden und unbeschädigten Oliven sofort nach der Ernte hergestellt werden, haben in der Regel einen sehr niedrigen Gehalt an freien Fettsäuren. Sobald die Früchte beschädigt sind – etwa durch einen Befall mit der Olivenfliege, unsachgemäße Erntemethoden oder dem Transport der Oliven in zu großen Einheiten – werden durch enzymatische Prozesse aus den Triglyceriden freie Fettsäuren abgespalten. Auch Schimmel, der sich z.B. durch zu lange Lagerung bildet, fördert die Entstehung freier Fettsäuren. Bei der Raffination, die bei nativen Olivenölen verboten ist, werden die freien Fettsäuren entfernt.
5.2.1 Richtwerte für Freie Fettsäuren und die Aussage hinsichtlich Qualität*
- unter 0,2 %: Ausgezeichnet
- 0,2 - 0,3 %: Sehr gut
- 0,3 - 0,5 %: Gut
- 0,5 - 0,8 %: Befriedigend
- 0,8 - 2,0 %: Genügend für die 2. Kategorie "nativ"
- über 2,0 %: Ungenießbar
*Meinung des Autors
5.3. Die Peroxidzahl
Peroxide entstehen bei der Oxidation von ungesättigten Fettsäuren, einer Verfallsreaktion mit Sauerstoff wie beim Rosten von Eisen. Die Peroxidzahl ist ein Maß für die Verdorbenheit von Fett. Sie nimmt mit den Faktoren Licht (Klarglasflaschen!), Temperatur (Sonne!) und Alter zu. Bei Olivenöl spielen auch die Erntebedingungen und das Herstellungsverfahren eine große Rolle. Je größer die Peroxidzahl, desto "schlechter" das Olivenöl. Die chemischen Folgeprodukte der Peroxide lassen Olivenöle mit dem Alter ranzig werden.
Die Peroxidzahl wird in meq (Milli-Äquivalente) aktiven Sauerstoffs pro Kilogramm angegeben. Native Olivenöle dürfen bis zu 20 meq O2/kg enthalten, Raffinierte nur 5. Qualitativ (sehr) hochwertige Olivenöle nativ extra enthalten Werte von maximal 11 meq (Siehe z.B. SIQEV), optimal sind Werte im mittleren einstelligen Bereich und darunter.
5.4. Der Wachsgehalt
Auf der Haut von Oliven bildet sich auf natürliche Weise eine Schutzschicht aus Wachs(en). Bei der Verwendung chemischer Extraktionsmittel werden mehr Wachse aus den Schalen gelöst als bei mechanischen Verfahren. Deshalb lässt der Wachsgehalt im Endprodukt Rückschlüsse zu, ob native Olivenöle mit Tresterölen verschnitten wurden. Ein hoher Wachsgehalt ist also (bedingt) ein Nachweis für die Verwendung von Lampant- bzw. Tresterölen und letztlich für Panscherei.
Der Wachsgehalt darf bei Olivenöl nativextra und nativ (Kat. 1 + 2) 150 mg/kg nichtüberschreiten. Bei Lampantölen gilt ein Grenzwert von 300 mg/kg, bei raffinierten Olivenölen 350 mg/kg. Vor allem in Lampant- und Tresterölen können sich auch während der Lagerung Wachse aus freien Fettsäuren bilden.
5.5. Absorption im Ultraviolettbereich – K-Werte
Wenn man Olivenöl mit ultraviolettem Licht durchleuchtet, werden nicht alle Wellenlängen gleichmäßig durchgelassen. Die Undurchlässigkeit für eine bestimmte Wellenlänge wird Absorption genannt und als "Extinktionskoeffizient" oder K-Wert angegeben. So können oxidierte Bestandteile im Olivenöl "sichtbar" gemacht werden und man kann Rückschlüsse auf Lagerung, Alter (Frische) und Reinheit ziehen.
5.5.1. K232
Bei der Oxidation von Olivenöl entstehen neben Peroxiden auch sogenannte Diene. Diese absorbieren UV-Licht mit der Wellenlänge von 232 Nanometern. Ein hoher K232-Wert weist auf zu lange Lagerung der Oliven vor der Extraktion hin. Für Olivenöl nativ extra gibt die EU einen Grenzwert von 2,5 vor. Werte um 1,5 und darunter sind optimal.
5.5.2. K268 oder K270
Der K268/K270-Wert zeigt an wie frisch Olivenöl ist. Mit voranschreitender Oxidation bilden sich wiederum sogenannte Triene. Diese absorbieren UV-Licht mit 270 nm Wellenlänge. Die Obergrenze bei nativem Olivenöl extra liegt bei 0,22. Werte um 0,15 und darunter sind sehr gut.
5.5.3 Delta-K
Der Delta-K-Wert zeigt die Reinheit von Olivenölen an. Er wird aus den anderen K-Werten berechnet und setzt diese in ein Verhältnis. Olivenöle der ersten Kategorie dürfen einen Delta-K-Wert von maximal 0,01 haben. Der Wert kann auch negativ sein. Eine Beimischung minderwertiger Olivenöle würde zu einer Abweichung führen.
6. Die Zusammensetzung von nativem Olivenöl
- ca. 75 % Ölsäure (einfach ungesättigt) - Omega-9
- rund 15 % gesättigte Fettsäuren
- etwa 10 % Linolsäure (mehrfach ungesättigt) - Omega-6
- sowie 0,5 - 1,5 % Fettbegleitstoffe, wie:
- Squalen
- Phytosterole (auch Sterine)
- phenolische Verbindungen (auch Polyphenole)
- Vitamin E-Komplex (Tocopherol)
- Chlorophyll
- Vitamin A
- Carotinoide
6.1. Ölsäure
Die Ölsäure ist die wichtigste Vertreterin der einfach ungesättigten Fettsäuren. Es handelt sich um eine sogenannte Omega-9-Fettsäure. Kaum ein Öl enthält so viel davon wie Olivenöl. Die europäische Organisation für Lebensmittelsicherheit hat sich der Ölsäure ausführlich gewidmet und kommt zu folgendem Schluss: "Der Ersatz von gesättigten Fettsäuren durch ungesättigte Fettsäuren in der Ernährung trägt zur Aufrechterhaltung eines normalen Cholesterinspiegels im Blut bei. Ölsäure ist eine ungesättigte Fettsäure.14" Etwas weniger umständlich formuliert: Olivenöl senkt das LDL-Cholesterin und schützt damit das Herz-Kreislauf-System. Fest steht, dass in den Mittelmeerländern wesentlich weniger Menschen an Atherosklerose und Herzinfarkt erkranken und die großzügige Verwendung von Olivenöl in der mediterranen Küche dafür mitverantwortlich ist.2
6.2. Tocopherol (Vitamin E)
Vitamin E ist ein Überbegriff für eine Reihe fettlöslicher Stoffe mit antioxidativer Wirkung. Zu den acht natürlich vorkommenden Vitamin E-Verbindungen gehören je 4 Tocopherole und Tocotrienole. Die EU hat für Vitamin E-reiche Lebensmittel einen sogenannten Health Claim zugelassen, also eine gesundheitsbezogene Werbung: "Vitamin E trägt dazu bei, die Zellen vor oxidativem Stress zu schützen." Es bewahrt mehrfach ungesättigte Fettsäuren vor der Oxidation und macht Olivenöl dadurch haltbar(er). Im menschlichen Organismus wirkt es entzündungshemmend, immunstimulierend und antikanzerogen. Außerdem verlangsamt es die Hautalterung.
Der Tagesbedarf von Vitamin E beträgt 12 mg. Olivenöl nativ extra enthält zwischen 120 und 430 mg/kg alpha-Tocopherol2. Das entspricht 11 - 39 mg pro 100 ml Öl oder durchschnittlich 3 mg Vitamin E pro Esslöffel. Der Gehalt hängt unter anderem vom Reifegrad und den Lagerbedingungen der Oliven ab.
6.3. Polyphenole
Unter dem Begriff Polyphenole werden viele sekundäre Pflanzenstoffe zusammengefasst. Dazu gehören Substanzen wie Flavonoide, Anthocyane, Procyanidine (OPC), Vanillinsäure, Kaffeesäure, Cumarsäure, Oleuropein und Resveratrol, das für die gesundheitlichen Vorzüge von Rotwein verantwortlich gemacht wird.
Der Gehalt an phenolischen Verbindungen in Olivenöl hängt vom Reifegrad und der Frische der Oliven sowie der Sorgfalt bei der Ölherstellung ab. Mit zunehmender Reife der Oliven nehmen sowohl die Polyphenole wie auch die Tocopherole ab. Die meisten phenolischen Verbindungen befinden sich in den Olivenblättern.
Polyphenole wirken antioxidativ, entzündungshemmend, antikanzerogen und schützen das Herz. An der Universität Cordoba wurde nachgewiesen, dass nur Öle mit hohen Polyphenolgehalten die volle Wirkung entfalten. Extra vergine enthält rund 10-mal mehr Polyphenole als raffiniertes Olivenöl. Hochwertige Olivenöle enthalten 200 - 1.000 mg Polyphenole je kg. Die EU erlaubt den Satz "Olivenöl-Polyphenole tragen dazu bei, die Blutfette vor oxidativem Stress zu schützen" für Olivenöle, die je 20 g mindestens 5 mg Hydroxytyrosol und dessen Derivate (z.B. Oleuropein-Komplex und Tyrosol) enthalten.16
6.3.1. Oleuropein
Oleuropein ist das am häufigsten vorkommende Polyphenol in Oliven. In einer zusammenfassenden italienischen Studie von 2014 konnten die Autoren zeigen, dass Oleuropein antioxidative, antientzündliche, antikanzerogene, leberschützende, antivirale, antibakterielle und neuroprotektive Eigenschaften aufweist.19
6.3.2. Oleocanthal
Diese phenolische Substanz wirkt entzündungshemmend und bedient sich dabei erstaunlicherweise demselben Wirkmechanismus wie Ibuprofen. Die Entdeckung war eher ein Zufall, als der Wissenschafter Gary Beauchamp feststellte, dass Olivenöl im Hals das gleiche Kratzen hervorruft wie der Arzneistoff. Oleocanthal wirkt außerdem krebshemmend und soll das Risiko reduzieren, an Alzheimer zu erkranken.18
6.3.3. Hydroxytyrosol
Dieser ebenfalls zu den Phenolen zählende Pflanzenstoff wirkt auch antioxidativ. Der wissenschaftliche Ausschuss der EFSA – das ist die Lebensmittelsicherheitsbehörde der EU – sieht Hydroxytyrosol als eines jener Polyphenole, welche die Oxidation der Blutfette verhindern.7
6.4. Sterine
Sterine sind ein wichtiger Bestandteil der Zellmembran. Cholesterin ist ein tierisches Sterin. Die in Olivenöl enthaltenen Phytosterine senken das LDL-Cholesterin indem sie die Cholesterinabsorption im Darm hemmen.
6.5. Triterpene
Triterpene sind harzartige Stoffe, die mit ätherischen Ölen verwandt sind. Sie wirken antioxidativ, -entzündlich, -tumoral, -bakteriell und -viral2.
6.5.1. Squalen
Squalen gehört zur Gruppe der Triterpene. Es ist in der Natur weit verbreitet und kommt als wesentlicher Bestandteil der Hautlipide auch im Menschen vor7. Olivenöl enthält etwa 4.000 mg Squalen / kg. In Kosmetika wird es gerne als Feuchthaltemittel eingesetzt.2
7. Die Herstellung von Olivenöl
7.1. Die traditionelle Methode der Ölgewinnung: Pressen
Über Jahrtausende hinweg wurde Olivenöl durch Pressung gewonnen. Hierbei werden die Oliven mit schweren Mühlsteinen zermahlen. Der dabei entstehende Brei wird auf Pressmatten verteilt, die übereinandergeschichtet und anschließend gepresst werden. Der dabei austretende Saft, bestehend aus Olivenöl und Fruchtwasser, wird anschließend dekantiert: Er wird ruhen gelassen, bis sich die Öl- und Wasserphase voneinander getrennt haben. Sobald sich das Öl abgesetzt hat, wird es schließlich abgeschöpft.
Die Nachteile des traditionellen Verfahrens liegen auf der Hand: Der Olivenbei kommt während des gesamten Prozesses unkontrolliert mit Sauerstoff in Kontakt, was zu unerwünschten Oxidationsprozessen führt und die Qualität des Öls negativ beeinflusst. Zudem ist ein sauberes Arbeiten kaum möglich, da die Pressmatten nur schwer von Olivenresten zu befreien sind. Hygiene in der Ölmühle ist das A und O. Nur aus gesunden Oliven kann in einer modernen, sauberen Anlage hochwertiges Olivenöl erzeugt werden.
7.2. Die moderne Methode: Extrahieren
Moderne Ölmühlen arbeiten heutzutage nach dem kontinuierlichen Verfahren, bei dem das Öl durch Extraktion anstatt Pressung gewonnen wird. Zunächst werden Blätter und andere Fremdkörper entfernt und die Oliven gründlich gereinigt. Daraufhin werden die Oliven entweder in einer Hammermühle oder einem Schneidwerk zerkleinert. Der Brei wird geknetet, auch als Malaxieren bezeichnet, um die feinen Öltröpfchen aus dem Fruchtfleisch zu lösen und miteinander zu verbinden. Danach werden in einer meist zweistufigen Zentrifuge die Feststoffe, die wässrige Phase und das Öl voneinander getrennt. Dieser Prozess wird als Extraktion bezeichnet. Frisch extrahiertes Öl enthält Trübstoffe, weshalb es gefiltert werden sollte, um eine langanhaltende Qualität sicherzustellen.
7.3. Qualitätssteigernde Maßnahmen bei der Herstellung von Olivenöl
- eine schonende Erntemethode, am besten händisch
- Ernte von gesunden Oliven im optimalen Reifezustand (bei Einsetzen der Reife)
- nur vom Baum geerntete Oliven (am Boden oder mehrere Tage im Netz liegende Oliven sind tabu)
- Extrahieren der Oliven wenige Stunden nach der Ernte (unter 8 h)
- Transport der Oliven in gut durchlüfteten, kleinen Erntekisten
- Verarbeitung der Oliven in modernen Ölmühlen
- hermetisch verschließbare Knetmaschinen
- Dekanter (= Zentrifuge) aus Edelstahl
- Vermeidung von Wasserzusatz
- tiefe Verarbeitungstemperatur (unter 27 °C)
- reduzierter Sauerstoffkontakt des Breis
- absolute Hygiene
- sofortiges Filtern des frischen Öls
- Aufbewahrung des Öls in Edelstahlbehältern unter Luftabschluss in absoluter Dunkelheit
7.4. Qualitätsmindernde Faktoren
- Befall der Früchte durch die Olivenfliege
- Lese völlig unreifer oder voll- bzw. überreifer Oliven
- Verwertung tage- oder wochenlang in Erntenetzen liegender Oliven
- Verwertung am Boden liegender Oliven
- Verwertung frostgeschädigter Oliven
- Ernte mit schlagenden Werkzeugen
- Extraktion der Oliven zu lange nach der Ernte (> 24 h)
- Transport der Oliven in geschlossenen Behältern
- Transport ganzer LKW-Ladungen unbelüfteter Oliven
- Aufbewahrung der Oliven in Jute- oder Kunststoffsäcken
- Verarbeitung der Oliven in traditionellen, hydraulischen Pressen mit Pressmatten
- Verarbeitung des Olivenbreis in Knetwerken unter Luftkontakt
- Verarbeitung des Breis bei über 27°C
- jegliche Hygienemängel
- Unterlassenes Filtrieren
- Luft- und Lichtkontakt des Öls
8. Die professionelle Verkostung von Olivenölen
Wie viele Laborparameter auch für die Bewertung der Qualität eines Olivenöls herangezogen werden: der Mensch kann nicht völlig durch Laborinstrumente ersetzt werden. Deshalb werden Olivenöle von professionellen Verkostern geprüft und nur Fehlerfreie dürfen auch wirklich als "nativ extra" verkauft werden. Die Verkostung ist rechtlich genauso bindend wie die Laborwerte. Dies stellt eine Besonderheit unter den Lebensmitteln dar.
Die sensorische Prüfung von nativen Olivenölen wird von offiziell akkreditierten Panels (Prüfergruppen) mit 8 - 12 Teilnehmern durchgeführt. Zur Prüfung werden etwa 15 ml Olivenöl in dunkelblaue Gläser eingefüllt und zur Verkostung auf ca. 28 °C erwärmt. Die Farbe des Öls hat für die Bewertung keine Bedeutung und soll den Prüfer nicht ablenken. Die Verkoster markieren Ihre Beobachtungen auf vorgegebenen Formularen. Jeder Wert wird in einer Skala von 0 - 10 eingetragen.
8.1. Die positiven Attribute fruchtig, bitter und scharf
Zuerst werden die positiven Attribute fruchtig, bitter und scharf beurteilt. Die sensorische Wahrnehmung "fruchtig" ist die Gesamtheit der, von der Olivensorte abhängigen, unmittelbar und/oder retronasal wahrgenommenen, charakteristischen Geruchsmerkmale eines Öls aus gesunden und frischen, reifen oder unreifen Früchten.10
Ein bitterer Geschmack ist typisch für Öle aus grünen oder in Reifung befindlichen Oliven. Er wird mit den, auf der Zunge V-förmig angeordneten, Wallpapillen wahrgenommen.10
Die Schärfe ist ein taktil (mit dem Tastsinn) empfundenes Prickeln, das typisch für Öle ist, die zu Beginn des Wirtschaftsjahres hauptsächlich aus noch unreifen Oliven gewonnen werden. Die Schärfe kann in der gesamten Mundhöhle, insbesondere in der Kehle wahrgenommen werden.10
8.2. Die wichtigsten negativen Attribute
Wenn bei der Olivenölherstellung und -lagerung Fehler gemacht werden, wirkt sich das unmittelbar auf die Qualität aus. Nur wenn die Oliven im optimalen Reifestadium geerntet, in kleinen Chargen transportiert und innerhalb kurzer Zeit in einer modernen Extraktionsanlage zu Öl verarbeitet werden, kann man das Auftreten von Fehlern vermeiden. Danach muss das fertige Produkt unter Luft- und Lichtabschluss bei optimalen Temperaturen gelagert werden, um den unvermeidlichen qualitativen Abbau möglichst lange hinauszuzögern. Im Folgenden werden alle Fehler dargestellt, die zur Abstufung zu "nativ" oder gar "lampant" (ungenießbar) führen. Alle Fehler werden in einer Ausprägung von 0 - 10 angegeben.
Stichig oder schlammig
Als "stichig" werden Olivenöle bezeichnet, die aus Oliven hergestellt wurden, die unter solchen Bedingungen geschichtet oder gelagert waren, dass sie eine fortgeschrittene anaerobe Gärung durchlaufen haben. "Schlammig" ist ein Defekt, der bei Ölen entsteht, die in Becken und Fässern mit Dekantier-Schlamm (Anm.: typisch für ungefilterte Öle) in Kontakt waren und ebenfalls eine anaerobe Gärung durchlaufen haben.10
Modrig-feucht-erdig
Typisches Flavour (sensorischer Gesamteindruck beim Verzehr eines Lebensmittels; Summe aus Geschmack und Aroma7) bei Ölen aus Früchten mit Schimmel- und Hefepilzbefall wegen mehrtägiger Lagerung unter feuchten Bedingungen. Entsteht auch bei Ölen aus ungewaschenen Oliven, denen noch Erde oder Schlamm anhaftet.10
Wein- oder essigartig/sauer-säuerlich
An Wein oder Essig erinnernder Geschmack bzw. Geruch. Dieser entsteht bei einem aeroben Gärungsprozess der Oliven, hervorgerufen durch schlechte Hygiene wie z.B. unsachgemäß gewaschenen Pressmatten oder Reste von Olivenpaste in den Geräten der Ölmühle (Zerkleinerer, Malaxierer, Dekanter). Hierbei kommt es zur Bildung von Essigsäure, Ethylacetat und Ethanol, die für dieses Flavour verantwortlich sind.10
Ranzig
Flavour bei stark oxidierten Ölen.10 Allgemein bekannter, übler Geruch bei alter Butter, Pflanzenölen und Nüssen.
Frostgeschädigte Oliven (feuchtes Holz)
Fehler bei Ölen, die aus Oliven gewonnen wurden, die am Baum Frostschäden erlitten haben.10
8.3. Weitere negative Attribute
Brandig oder erhitzt
Aufgrund übermäßiger und/oder zu langer Erwärmung bei der Verarbeitung insbesondere durch unsachgemäße Wärmebehandlung beim Rühren der Olivenpaste entsteht dieses Fehlaroma.10
Heuartig–holzig
Entsteht bei der Verarbeitung vertrockneter Oliven.10
Roh
Bezeichnung für alte Öle, die im Mund einen dickflüssigen, pastösen Sinneseindruck hinterlassen.10
Schmierölartig
Flavour bei Ölen, die an Dieseltreibstoff, Fett oder Mineralöl erinnern.10
Fruchtwasserartig
Fehlaroma bei Ölen, das von längerem Kontakt mit Oliven-Fruchtwasser (Anm.: Als Fruchtwasser wird der wässrige Teil bezeichnet, der neben dem Öl bei der Extraktion austritt) herrührt, das Gärungsprozesse durchlaufen hat.10
Lakig
Entsteht bei Ölen aus Oliven, die in Salzlake aufbewahrt wurden.10
Metallisch
An Metall erinnerndes Flavour, typisch für Öl, das beim Vermahlen, Schlagen, Pressen oder Lagern lange mit Metallflächen in Kontakt stand.10
Espartograsartig
Typischer Fehler bei Ölen aus Oliven, die mit Hilfe neuer Espartograsmatten gepresst wurden. Dieses Aroma kann in verschiedenen Nuancen auftreten, je nachdem, ob Matten aus grünem oder trockenem Espartogras verwendet wurden.10
Wurmstichig
Sind die Früchte stark von Larven der Olivenfliege (Bactrocera oleae) befallenen, entsteht ein typisches Fehlaroma.10
Gurkenartig
Flavour bei Ölen, das von zu langem Lagern in luftdichten Behältnissen, insbesondere Weißblechdosen, und dem dadurch entstehenden 2,6-Nonadienal herrührt.10
9. Die am häufigsten gefälschten Lebensmittel
Olivenöl ist laut einem im Magazin "GEO" erschienenen Artikel13 das am häufigsten gefälschte Lebensmittel, gefolgt von Milch, Honig und Safran. Von den 12 am öftesten imitierten Produkten betrifft jedes vierte das grüne Gold. Das zeigt einmal mehr, wie wichtig es ist, seine Sinne zu schulen und Olivenöl nur bei spezialisierten Händlern oder direkt zu beziehen.
Literatur:
- Mueller, T | Extra Vergine | redline | 1. Auflage 2012
- März, A | Merum | Dossier Olivenöl | 4. Auflage
- Oreggia, M | Flos Olei 2017 – A guide to the world of extra virgin olive oil | E.V.O. srl | 9. Ausgabe 2017
- Gsänger, C | Olivenöl – Aus der italienischen Küche | McRae books Srl | Deutsche Ausgabe 2002
- Bläuel, M | Olivenöl – Die Medizin auf dem Teller | Verlagshaus der Ärzte | 1. Auflage 2005
- Braunschweig, R | Pflanzenöle – Qualität, Anwendung und Wirkung | Stadelmann Verlag | 4. Auflage 2012
- Wikipedia | Olivenöl | Olivenbaum | Palmöl | Rapsöl | Peroxidzahl | Tocopherol | Polyphenole | Oleocanthal | Hydroxytyrosol | Squalen | Raffination | Flavour | Online-Abruf 02/2017 - 07/2019
- Fiebig, H | Qualität und Vermarktung von Olivenölen in der E. U. | http://www.dgfett.de/material/olivenoel.pdf | PDF Februar 2016
- QvExtra | www.qvextra.es | Online-Abruf Februar 2017
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- Bogner, M | SuperOlio | Delius Klasing Verlag | 1. Auflage 2019